Vipassana Meditation
Meine Erfahrung aus 10 Tagen Schweige-Meditation in einem buddhistischen Kloster in Thailand.
Meine Erfahrung aus 10 Tagen Schweige-Meditation in einem buddhistischen Kloster in Thailand.
Anfang 2018 verbrachte ich 10 Tage in einem buddhistischen Kloster im Norden Thailands um dort an einer Schweige-Meditation teilzunehmen. Die Erfahrungen während dieser Vipassana Meditation waren für mich überaus wertvoll. Ich möchte sogar soweit gehen zu sagen, dass sie mein Leben verändert haben.
Ich habe damals einen Reiseblog geschrieben und möchte hier den Text zu Vipassana mit dir teilen.
Dieser Blogbeitrag ist Teil meiner Miniserie zur Vipassana Meditation. Im zweiten Teil erfährst du, was ich aus dieser Zeit für mein Leben gelernt habe. Schau gerne dort rein. Die Links findest du am Ende des Texts.
Am Ende der Seite gibt’s übrigens auch wieder eine Audioversion dieses Beitrags. Wenn du also Lust hast den Beitrag von mir selbst vorgelesen zu bekommen, klick gerne rein.
4:00 die Glocke im Kloster läutet, Hunde fangen an zu bellen. Ich wache davon auf, bleibe aber nochmal 10 Min liegen. Ich trage bereits die weißen Kleider, die man hier die ganze Zeit trägt. Kurz Zähne putzen, ein Dextro Energy nehmen, Tigerbalm darauf schmieren wo es heute am meisten weh tut, Sachen schnappen, in eine Decke wickeln, mit Socken in die Flipflops und los gehts.
Hier eine kurze Auflistung der Dinge, die man hier immer dabei hat:
4:30 geht also das Chanting los, eigentlich eher 4:25 – die sind hier immer zu früh dran. Wir sitzen auf Kissen und warten auf unseren Lehrer den Mönch Aloong. Die Gruppe wird jeden Morgen kleiner. An Tag sechs haben bereits 7 von 26 hingeworfen. Der ein oder andere schwänzt vielleicht auch das Chanting und nutzt die Zeit zum Meditieren.
Gesungen wird in Pali. Danach wird 10 Minuten gemeinsam meditiert, dann eine Begrüßung Buddhas gemacht und danach düse ich so achtsam wie es geht zu den Palisaden neben der großen Halle. Es ist mittlerweile 5:10 und vor dem Frühstück will ich noch mindestens 1:10 meditieren.
Der Grund für die Eile? Hier wird jeden Tag die Zeit abgefragt, ein Battle mit mir selbst und dem Mönch hat begonnen, die Zeit soll täglich überboten werden.
Ich startete mit 6 Stunden an Tag eins, dann 8, dann 9, heute sind es 10. Ich habe beschlossen die 10 nicht zu liefern, damit es morgen nicht 11 sind. Machbar wäre es durchaus gewesen.
Die Meditation startet hier immer mit achtsamem Laufen. So schreitet man mit verschiedenen Schritten, die einem der Mönch beibringt, die von ihm genannte Zeit auf und ab. Aktuell sind das bei mir 30 Minuten. Im Kopf wiederholt man bei Bedarf Worte, die wir dazu gelernt haben, um einen den Kontakt zum Hier und Jetzt zu erleichtern. Wer nah genug dran ist und den Boden intensiv spürt, kann sich das auch sparen.
Klingt einfach? Ich habe das heute 5 Stunden gemacht… Manchmal geht es ganz einfach und dann wandert der Kopf plötzlich davon. Bei mir erkennt man das beim Laufen am Besten an der Geschwindigkeit. Je aktiver mein Kopf, umso schneller mein Gang.
Nach 30 Min klingelt der Timer, jetzt schnell setzen, am besten an eine Wand gelehnt. Gerade früh morgens kommt mir mein Körper vor wie der einer alten Frau. Zum Mittag hin bessert sich das deutlich.
Die Stoppuhr ist hier ein ständiger Begleiter. Andauernd hört man die Uhren der anderen, die gerade die Zeit einstellen, erinnert werden oder im schlimmsten Fall ihre Uhr irgendwo haben liegen lassen, die dann erbarmungslos vor sich hin piept.
Um 6:25 stürme ich achtsam zum Frühstück. Dort nimmt man sich erst mal eine Sitzmatte und einen Liedtext und sucht sich an einem der Tische einen Platz.
Dann bekommt man Essen ausgegeben, z.B. Reissuppe oder Pad Thai, nicht aufregend, aber passt. Nach fünf Tagen bin ich auf rein vegetarische Kost umgestiegen.
Mit meinem Teller bewaffnet nehme ich Platz, begrüße kurz Buddha durch dreimaliges Verbeugen, berühre mit der Stirn dabei den Boden. Nun heißt es warten, bis auch der Letzte anwesend ist. In diesem Raum essen alle lokalen und ausländischen Meditators und die Nonnen.
Die Nonnen stimmen das erste Gebet in Pali an. Dann werden gemeinsam oder falls anwesend von Mönchen zwei Lieder gesungen, verständlich auf Pali und Thai. 6:45 ist das Essen endgültig kalt, aber es darf gegessen werden. Vor dem ersten Bissen sicherheitshalber nochmal einen Thai ansehen, wenn die essen, dürfen wir auch.
Kissen weg, Teller abwaschen und ab zum Pagodengang – der Tempel ist eine große Baustelle, bis halb acht ist es aber noch recht ruhig, daher keine Zeit verlieren.
Ich meditiere von 7-9:30, dann wirds mir doch zu laut und ich mache in meinem Zimmer weiter. 10:30 dann der Gong zum Mittagessen. Alle lassen sich Zeit, schließlich ist das die letzte richtige Mahlzeit für heute. Bis es los geht ist es deshalb gerne mal kurz vor 11.
Mittag gibts reichlich von allem: eine Suppe, Reis, irgendwas Currymäßiges, etwas Obst und Reste vom Frühstück. Jetzt nur nicht ins Mittagsloch fallen, also gleich weiter.
Es wird wieder fleißig meditiert. Dabei scheint hier nicht jeder die gleiche Taktik zu verfolgen. Außerdem möchte ich hier kurz zu erwähnen, dass jeder individuelle Zeiten und Schritte hat, keine Ahnung wie beschäftigt die anderen sind. Mein Plan ist jedenfalls spätestens 14:00 fertig zu sein. 16:00 ist Reporting beim Mönch und davor möchte ich gerne zwei Stunden irgendwas anderes machen. Was das so ist wo man doch hier nix zu tun hat? Gute Frage, irgendein Scheiß fällt einem immer ein, zumindest aktuell bin ich noch zu rastlos um nichts zu tun.
Ich sitze mit meiner “Akte” beim Mönch und lausche den Stories der anderen, die vor mir dran sind. Ausnahmslos alle haben Schmerzen, glücklicherweise wandern diese aber. Begonnen hat es bei mir in den Oberschenkeln, Füßen und im Nacken, dann ging es weiter mit der Hüfte und den Schultern, dann woanders in den Füßen, aktuell sind es vor allem die Knie und der untere Rücken. Mit Schmerzen meine ich nicht “oh, das tut etwas weh” sondern “OH MEIN GOTT. ICH KANN MICH NIE WIEDER BEWEGEN”.
Nun ja, wie schon gesagt ist Tigerbalm zu meinem ständigen Begleiter geworden und hier stimmt es eindeutig: viel hilft viel!
Ich erzähle also dem Mönch wie es mir ergangen ist. Er gibt mir ein paar Weisheiten mit auf den Weg.
Grundsätzlich versucht er zu vermitteln, dass ich die Vergangenheit vergessen soll und auch nicht über die Zukunft grübeln soll.
Alles was ich habe ist hier und jetzt.
Recht mag er haben, aber hat der eine Idee was in meinem Kopf so los ist? Der rattert unermüdlich. Selbst wenn ich ihm mantraartig Texte im Geist einflüstere ist er in der Lage parallel Gedanken laufen zu lassen. Ich werd noch irre. Und irgendwie hab ich keine Idee was ich eigentlich denken soll, wenn ich nicht das Gefühl habe meinen Atem kontrollieren zu müssen.
Nach fünf Tagen meine erste Erleuchtung:
Es geht hier nicht darum nicht zu denken, sondern darum die Gedanken fließen zu lassen. Lass sie kommen, beobachte sie und lass sie durchziehen.
Hierfür im richtigen Moment einfach “thinking thinking thinking” denken und auf zur nächsten Szene.
Es folgt ein Makeoff meines Lebens in dem sich nur absurde Situationen und Personen, die mir kein bisschen nahe stehen zeigen. Aha, scheinbar bereitet mich mein Geist langsam vor.
Lieb von ihm, mit der ein oder anderen Emotion, die einen hier überfällt, kann man schon mal zu kämpfen haben.
In anderen Situationen der Meditation ist alles was ich denke: aua aua aua. Egal was passiert, ich will nie wieder sitzen und schon gar nicht knien.
Die Zeit zeigt, dass dies die entscheidenden Momente sind. Wenn ich hier durchhalte folgt früher oder später ein Durchbruchsmoment.
Die Besuche beim Mönch sind eins der Highlights des Tages und lassen mich stets mit neuer Energie den kommenden Meditationen entgegen blicken.
Heute gab es ein Döschen mit Kräutern zum Riechen und ein Päckchen mit zwei Baht drin geschenkt. Und nach sechs Tagen nahezu ohne Kontakt zu anderen freut man sich darüber doch glatt wie ein kleines Kind. Es sind eben die kleinen Dinge, die glücklich machen.
Um 17:00 gibts ein weiteres Highlight – eine warme Milch oder ähnliches. Es gab auch schon Kakao oder Maismilch. Ab 11 gibt es nämlich nur noch flüssige Nahrung.
Im Shop kann mann sich auch noch das ein oder andere Trinkpäckchen kaufen um die Zeit bis zum Frühstück zu überstehen. Ich stehe total auf Soja Milch mit schwarzem Sesam. Vielleicht liegt’s an der komischen Nahrung hier oder daran, dass ich als Kind nie Trinkpäckchen haben durfte. Beim Trinken höre ich immer meine Mama über den Müll schimpfen und muss jedes Mal schmunzeln.
Ab dem Reporting wird die Zeit neu gezählt. Mein Plan die 10 nicht zu erreichen um nicht 11 machen zu müssen ist aufgegangen. Bis morgen also 10 Stunden meditieren, neuer Laufschritt, leider immer noch 30 Min laufen dann 30 sitzen. Mein Rücken hasst mich schon jetzt.
Ich habe das Gefühl völlig aus der Form zu sein, der Rücken drückt durch und dadurch steht der Bauch vor. Wo sind eigentlich meine Physiotherapeuten-Freundinnen, wenn ich sie mal wirklich brauche? Ok, vermutlich bei Patienten, die sich den Mist nicht freiwillig zugezogen haben 😉
Ich will heute noch mindestens vier besser fünf Stunden meditieren. Gegen 22:30 versuche ich dann zu schlafen, mit mäßigem Erfolg. Aufgrund der wenigen Bewegung braucht man hier auch weniger Schlaf, fühle mich daher überraschend erholt als am nächsten Morgen der Gong mal wieder geht.
Man soll hier sinnbildlich die Affen im Kopf lassen und sich nicht jedem annehmen. So, in meinem Kopf war es sehr friedlich heute früh. Fast zu friedlich. Da fangen die an eine Psychomusik gefolgt von einer Lautsprecherdurchsage zu spielen. Und zwar den ganzen Morgen und so, dass du es überall hören kannst. Hier geht’s den ganzen Tag zu wie in einem Ameisenhaufen, daher ist man konstante Lärmbelästigung gewöhnt, entspanntes meditieren gibts eigentlich nur zwischen 5 und 6:20 und nach 21 Uhr. Aber das war zu viel.
Nach 30 Minuten Beschallung werde ich also leicht säuerlich. Nach 90 Minuten stehe ich kurz davor aus zu rasten und hör mich ein erstes entnervtes “Halt die Fresse” flüstern. Wenn dieses Gelaber nicht gleich aufhört frag ich ob ich gehen kann. Nach 120 Minuten stürme ich in mein Zimmer und muss erst Mal mein Tempopäckchen an die Wand werfen. Ich stecke mir Kopfhörer in die Ohren und hör 5x irgendein Demolied auf meinem Tablet, dann geht’s wieder und es gibt essen. Dort breche ich mein Schweigen und sage zu einer anderen, dass mich die Stimme in den Wahnsinn treibt. Sie berichtet, dass die Musik auf sie diese Wirkung hat. Ok, das beruhigt mich leicht. Ich bin zumindest mal nicht die einzig Verrückte hier. Die Stimme ist gerade weg. Bitte lass sie weg bleiben, sonst schreie ich hier vielleicht noch hysterisch rum.
Später kam die Stimme dann natürlich wieder. Ich berichtete den Mönch von meinen Gefühlen dazu. Da sagt er ganz ungerührt, dass sei natürlich nicht nett von der Stimme, dass sie lauter sei als meine Gedanken und ich mich daher nicht mit diesen befassen könnte. Mist… erwischt.
Nach 11 Tagen habe ich beschlossen das Kloster heute zu verlassen. Ich könnte noch bis morgen bleiben, aber ich mag nicht mehr. Die Zeit war spannend, lehrreich und ich leg es jedem der ernsthaft Interesse am Meditieren hat ans Herz.
Mir persönlich wirds so langsam zu buddhistisch und ich merke, dass für den Moment bei mir das Maximum erreicht ist. Ich glaub aus der Zeit hier kann ich für mich viel ziehen, aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt an dem ich damit so intensiv weiter machen möchte.
Ich habe den Mönch gefragt, wie ich die Meditation in mein Leben integrieren kann. Darauf fragte er mich ob ich plane heute Abend um neun aufs Klo zu müssen. Erst mal eine merkwürdige Antwort. Dann fragte er ob ich einen großen Schrank voll Medizin hätte für den Fall dass ich irgendwann mal sehr krank werde. Was er mir sagen wollte: Ich soll im Jetzt leben und jetzt gerade fühle ich mich nicht als wollte ich meditieren, das kann sich jeden Moment ändern und dann hab ich das richtige Werkzeug um mich wieder auf den aktuellen Moment zu konzentrieren.
Also auf zu neuen Abenteuern, das Meditieren und den Kontakt zum Hier und Jetzt werde ich versuchen beizubehalten. Das Singen vorm Essen gewöhne ich mir direkt heute noch ab. 😉
Erfahre welche Erkenntnisse ich über mich und das Leben ich in dieser Zeit gewonnen habe.
Hier kannst dir meinen Erfahrungsbericht über die Vipassana Meditation auch als Audio anhören.
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